In Hollywood fand in der Nacht zu Montag die 92. Verleihung der Oscars statt. „Parasite“ hat überraschend den Oscar für den besten Film gewonnen. Es ist der erste fremdsprachige Film, der in der Königskategorie ausgezeichnet wurde.
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In Hollywood wurden am Sonntagabend zum 92. Mal die Oscars verliehen. Der südkoreanische Film „Parasite“ hat triumphiert und zugleich Geschichte geschrieben. Als nichtenglischsprachige Produktion gewann er in der Königskategorie. „Parasite“ stellte damit das Weltkriegsepos „1917“ in den Schatten, das als großer Oscar-Favorit gegolten hatte.
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Zudem gewann „Parasite“ in den Kategorien beste Regie und bestes Originaldrehbuch. Auch in der Kategorie Internationaler Film brillierte „Parasite“. Die Kategorie war bisher unter bester fremdsprachiger Film bekannt. Bong und Han waren somit die ersten asiatischen Autoren, die die Trophäe gewonnen haben. Die beiden widmeten die Ehrung ihrem Land.
Bong zeigte sich in seiner Dankesrede überwältigt und würdigte Filmemachergrößen wie Martin Scorsese, Quentin Tarantino und Sam Mendes, die er in der Regiekategorie allesamt ausgestochen hatte. „Als ich in der Schule war, studierte ich Martin Scorseses Filme“, sagte der Südkoreaner. „Nur geehrt zu werden, war eine riesige Ehre. Ich hätte nie gedacht, dass ich gewinnen würde.“ Bong gab sich zudem demütig. Er wünschte, er könne sich eine Texas-Kettensäge nehmen und den Oscar in fünf Teile schneiden, damit alle Nominierten sich ihn teilen könnten.
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„Parasite“ hatte bereits einen Golden Globe sowie die Goldene Palme beim Filmfestival in Cannes gewonnen.
Oscars 2020: Renée Zellweger ist die beste Hauptdarstellerin
Den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle bekam in diesem Jahr Renée Zellweger. Sie wurde für ihre Darstellung der Schauspielerin und Sängerin Judy Garland im Film „Judy“ geehrt. Für Zellweger ist es der zweite Oscar. 2004 gewann sie den Oscar für die beste weibliche Nebenrolle für ihre Leistung in „Unterwegs nach Cold Mountain“.
Zellweger setzte sich in der Kategorie gegen Cynthia Erivo („Harriet – Der Weg in die Freiheit“), Saoirse Ronan („Little Women“), Scarlett Johansson („Marriage Story“) und Charlize Theron („Bombshell – Das Ende des Schweigens“) durch.
Joaquin Phoenix gewinnt Oscar als bester Hauptdarsteller
Joaquin Phoenix hat den Oscar als bester Hauptdarsteller gewonnen. Der 45-jährige US-Amerikaner wurde für seine Darstellung des späteren Batman-Gegenspielers in „Joker“ ausgezeichnet. Für den Schauspieler ist es der erste Oscar.
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Laura Dern erhält Oscar als beste Nebendarstellerin
Die Schauspielerin Laura Dern ist mit einem Oscar als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet worden. Die US-Amerikanerin wurde für ihre Darstellung einer kämpferischen Scheidungsanwältin in Noah Baumbachs Drama „Marriage Story“ geehrt. Dern vertritt darin Nicole (gespielt von Scarlett Johansson), die sich von ihrem Nochehemann Charlie (Adam Driver) scheiden lassen will. Es ist der erste Oscar für Dern. „Marriage Story“ ist ein von Netflix produzierter Film. „Das ist das beste Geburtstagsgeschenk aller Zeiten,“ sagte die Schauspielerin in ihrer Dankesrede.
Von ihrem ersten Oscar zeigte sich Dern überwältigt. „Einige sagen, lerne nie deine Helden kennen. Ich sage, wenn man wirklich gesegnet ist, bekommt man sie als Eltern“, sagte Dern in ihrer Dankesrede über ihren Vater und ihre Mutter – ebenfalls bekannte Schauspieler. Den Preis widme sie ihren „schauspielernden Legenden, meinen Helden, Diane Ladd und Bruce Dern“, fügte Dern hinzu. „Ihr habt es drauf. Ich liebe euch.“
Brad Pitt gewinnt als bester Nebendarsteller
Brad Pitt hat einen Oscar als bester Nebendarsteller gewonnen. Der 56-jährige Amerikaner wurde für seine Rolle in dem Quentin-Tarantino-Film „Once Upon a Time in Hollywood“ ausgezeichnet.
Pitt spielt in dem nostalgischen Film über das Hollywood der 60er-Jahre das Stuntdouble eines abgehalfterten Westernstars, den Leonardo DiCaprio verkörpert. Es ist der erste Schauspiel-Oscar für Pitt; 2014 hatte er als Mitproduzent des Sklavendramas „12 Years a Slave“ einen Oscar für den besten Film bekommen. Seinen Schauspiel-Oscar widmete er seinen Kindern: „Ihr macht alles bunt, was ich tue.“
Seine Dankesrede begann Pitt mit politischen Querverweisen. „Sie sagten mir, ich hätte 45 Sekunden Zeit zum Reden, was 45 Sekunden länger ist, als der Senat diese Woche John Bolton gegeben hat“, sagte er in Anspielung auf das Impeachment-Verfahren gegen Präsident Donald Trump, zu dem der von dessen Republikanern dominierte Senat keine Zeugen zugelassen hatte.
Hinter der Bühne äußerte sich Pitt dazu, was er seinen Kindern raten würde, falls sie ebenfalls die Schauspielerei als Beruf anstreben sollten: „Darüber können wir reden, wenn sie 18 Jahre alt sind. Ich möchte natürlich, dass sie ihrer Leidenschaft folgen.“ Seine eigenen Pläne scheinen dagegen klar: „Ich denke, nun tauche ich mal für eine Weile unter und kehre zurück zum Filmedrehen.“
Oscar für Dokumentation „American Factory“
Der von Michelle und Barack Obama unterstützte „American Factory“ hat den Oscar für die beste Dokumentation gewonnen. Der Film ist eine Netflix-Produktion über die Menschen in einer Fabrik im US-Bundesstaat Ohio. Regie führten Steven Bognar und Julia Reichert. Der Film ist der erste, der von Barack und Michelle Obamas gegründeter Produktionsfirma Higher Ground Production unterstützt wurde.
Die Obamas haben den Machern der Dokumentation zu deren Oscar-Gewinn gratuliert. Die Regisseure Steven Bognar und Julia Reichert hätten „eine bewegende Geschichte über die sehr menschlichen Konsequenzen von reißenden wirtschaftlichen Veränderungen“ erzählt, schrieb der ehemalige US-Präsident bei Twitter. Michelle Obama ergänzte in einem Tweet: „So froh zu sehen, dass ihr Herz und ihre Ehrlichkeit anerkannt wurden.“
Die dänisch-deutsche Koproduktion „The Cave“ ging dagegen leer aus. Der Beitrag war ebenfalls im Rennen um den Oscar für die beste Dokumentation. Der aus Syrien stammende Regisseur Feras Fayyad („Die letzten Männer von Aleppo“) folgt darin einem Team von Ärztinnen, die in einem unterirdischen Krankenhaus in Syrien Kriegsopfer behandeln. Das Werk entstand in Koproduktion mit dem SWR und Ma.ja.de. Filmproduktions GmbH.
Oscars 2020: „Toy Story 4“ bester Animationsfilm
„Toy Story 4: Alles hört auf kein Kommando“ ist bei als bester Animationsfilm ausgezeichnet worden. Damit ist die Abenteuerreihe um quicklebendige Spielzeuge das erste Franchiseprojekt, das in dieser Sparte bei den Oscars zweimal reüssiert hat: Schon 2011 war „Toy Story 3“ zum besten Animationsfilm gekürt worden. In der Kategorie stach die Produktion diesmal die Konkurrenten „Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer“, „I Lost My Body“, „Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt“ und „Klaus“ aus.
In „Toy Story 4“ wird die Geschichte von Woody weitererzählt, dem im Originalfilm Tom Hanks seine Stimme leiht. Woody kommt unerwartet wieder mit seinem langjährigen Freund Bo Peep zusammen und muss sich mit der Frage auseinandersetzen, wie er sein Leben als Spielzeug leben möchte.
„Joker“ gewinnt in der Kategorie beste Filmmusik
Hildur Guðnadóttir hat für den Soundtrack zum Drama „Joker“ den Oscar für die beste Filmmusik gewonnen. Damit hat erstmals seit 1998 eine Frau in dieser Kategorie reüssiert. Für die düstere Comicverfilmung über den an einer Lachstörung leidenden Komiker Arthur Fleck war es zudem der erste Oscar des Abends.
Guðnadóttir zeigte sich überwältigt über ihre Ehrung und schien den Tränen nahe zu sein. In ihrer Dankesrede ermutigte sie andere Frauen, den Mund aufzumachen. „Wir haben es nötig, eure Stimmen zu hören.“
Elton John gewinnt Oscar für bestes Originallied
Poplegende Elton John ist für das beste Originallied ausgezeichnet worden. John und sein langjähriger Schreibpartner Bernie Taupin gewannen für den Song „(I‘m Gonna) Love Me Again“ aus dem Film „Rocketman“ über das Leben des Sängers. „Danke Bernie, du bist die Konstante in meinem Leben“, sagte der Brite. Zuvor hatte der 72-Jährige das üppig arrangierte Lied während der Gala gesungen.
John schrieb die Musik zu „(I‘m Gonna) Love Me Again“, der Text stammt wie bei den meisten seiner Hits von Taupin. Elton-John-Darsteller Taron Egerton war für seine Darstellung in dem Film von Dexter Fletcher als bester Hauptdarsteller nominiert. Es ist der zweite Oscar für Elton John. 1995 gewann er für den „Can You Feel the Love Tonight“ zu dem Disney-Film „Der König der Löwen“.
„1917“ gewinnt in der Kategorie „Tonschnitt“, „Visuelle Effekte“ und „Kamera“
Drei Oscars gingen an das Kriegsdrama „1917“: Das Werk des Briten Sam Mendes wurde für Tonmischung und beste Spezialeffekte ausgezeichnet; Roger Deakins für die beste Kamera. Das Drama ging als einer der Favoriten für den besten Film ins Rennen.
NS-Satire „Jojo Rabbit“ gewinnt bestes adaptiertes Drehbuch
Für sein Satire-Drama „Jojo Rabbit“ hat Taika Waititi den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch bekommen. Für den Filmemacher aus Neuseeland ist es der erste Academy Award überhaupt. Seinen Oscar widme er all den „indigenen Kinder in der Welt“, die Kunst schaffen wollten, erklärte Waititi am Sonntag in Los Angeles in seiner Dankesrede. In „Jojo Rabbit“ spielt er einen imaginären Freund in der Gestalt Adolf Hitlers. Bei der Produktion führte Waititi zudem Regie.
Oscar für das beste Kostümdesign
Jacqueline Durran erhielt für ihr Kostümdesign in der Romanverfilmung „Little Women“ eine Auszeichnung.
Der Oscar für den besten Kurzfilm und Doku-Kurzfilm
„The Neighbors‘ Window“ von Marshall Curry hat in der Kategorie Kurzfilm gewonnen. In der Reihe Dokumentar-Kurzfilm hatte „Learning to Skateboard in a Warzone (if you‘re a Girl) von Carol Dysinger die Nase vorn.
Popstar Billie Eilish singt für Verstorbene
US-Sängerin Billie Eilish hat während der Oscar-Verleihung den Beatles-Klassiker „Yesterday“ für die seit der letzten Gala gestorbenen Größen der Filmbranche gesungen. Gemeinsam mit ihrem Bruder Finneas O‘Connell trat sie bei den Awards in ihrer Heimatstadt Los Angeles auf. Dazu liefen im Hintergrund unter anderem Erinnerungen an die Hollywood-Legenden Kirk Douglas und Doris Day sowie Basketballsuperstar und Oscar-Gewinner Kobe Bryant. Bei der Gala wird in jedem Jahr mit dem sogenannten In Memoriam-Segment der Verstorbenen gedacht.
Vor der Verleihung hatte die 18-Jährige bei Instagram angekündigt, einen Song zu singen, den „ich schon immer geliebt habe“. Im Vorfeld war spekuliert worden, dass Eilish den Song zum neuen James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ erstmals der Öffentlichkeit präsentieren werde. Sie wird die jüngste Sängerin sein, die jemals den Titelsong für einen Film der Kultreihe singen darf.
Natalie Portman ehrt Regisseurinnen – auf ihrem Kleid
Schauspielerin Natalie Portman hat mit ihrer Kleidung daran erinnert, dass erneut nur Männer in der Kategorie beste Regie nominiert wurden. Auf den Saum des Umhangs der 38-Jährigen waren die Namen von Regisseurinnen in Gold gestickt, darunter auch „Little Women“-Regisseurin Greta Gerwig. Sie wolle an die Frauen erinnern, „deren unglaubliche Arbeit in diesem Jahr nicht anerkannt wurde“, sagte Portman auf dem roten Teppich.
Die mangelnde Vielfalt hatte schon vor der Gala in den sozialen Netzwerken eine Welle von Kritik ausgelöst, etwa unter dem Hashtag #OscarsSoMale - Oscars so männlich.
dpa/AP/jha